Die Brüder der Braut, die momentan in Bulgarien sind (aber nicht hier), glauben, dass die ökonomische Situation so schlecht ist, dass einer von ihnen bald nach Spanien zurückkehren wird, wo sie beide als Feld- und Bauarbeiter ihr Geld verdienten. Ich bemerke, dass die Mutter der Braut, die mir gegenüber in einem Lehnstuhl sitzt, klare, grau-grüne Augen hat, in die immer wieder Tränen treten. Durch das Hochzeitsvideo, auf dem ein großes Portrait ihres Mannes zu sehen ist, erlebt sie die Trauer über dessen Tod wieder, er ist mit nur dreiundvierzig Jahren gestorben. Der Sohn erzählt auch, dass die Hochzeitsfeier, die ich eben mit Erlaubnis vom Fernsehapparat abfilme, zwei Tage dauerte und dass die traditionelle Rolle, die der Mutter zugeschrieben wird, nur von einer verheirateten Frau ausgeführt werden darf. Da ihr Mann verstorben war, durfte sie aus Tradition einige Dinge nicht tun. Ihre damaligen Tränen (als die Schwester ihre Rolle übernahm) ergänzen sich mit den gegenwärtigen, während sich die Szenen auf dem Bildschirm wiederholen. Die Halskette, die die Braut im Video trägt, wurde immer von Mutter zu Tochter weitergegeben. M. ist für die Fernbedienung verantwortlich und spult zu den „interessanten Stellen“ vor, während er erzählt, dass seine Schwiegermutter jetzt mit seiner Familie lebt, weil ihre staatliche Pension nur € 20 im Monat beträgt, was eindeutig zu wenig ist, um allein zu überleben.

Jetzt ist eine Szene zu sehen, in der, so erklärt uns der Sohn, seine zukünftige Frau, ermuntert von den anderen Frauen, „zeremoniell“ sein ganzes Geld an sich nimmt. Die Situation hat sich nicht wirklich geändert, sagt er ironisch. Eine Hochzeit, fährt er fort, beginnt im Haus der Braut, wo ein Zimmer für ihre Mitgift eingerichtet wird, am nächsten Tag übersiedelt sie dann samt ihrer Mitgift in ihr neues Zuhause und zu ihrer neuen Familie. Wir bewegen uns relativ schnell durch die ersten drei Stunden des Videos. Dann machen wir eine Pause und essen, die Gastfreundschaft Fremden gegenüber ist wirklich erstaunlich. Nach einem kleinen Wodka lässt M. die bearbeiteten Versionen der Hochzeitsvideos weiterlaufen. Er erzählt, dass in vielen ländlichen Gemeinschaften Hochzeiten oft im Spätherbst und Winter stattfinden, wenn es weniger Arbeit auf den Feldern gibt und die Menschen Zeit haben teilzunehmen. Beim Abschied bietet M. an, uns die Kassetten zu borgen, damit L. sie zu sehen bekommt und auch für unser Projekt.