Während der Aufklärung wurden Ruinen zu ästhetischen Objekten, Objekten der Kontemplation im unaufhörlichen Kampf widersprüchlicher menschlicher Emotionen, die durch überwältigende (und potentiell lebensbedrohliche) natürliche Phänomene verursacht werden: die unerbittlichen und furchterregenden Berge, Zerstörungen durch Stürme, Eruptionen, durch Verfall. Diese Vorkommnisse konnte man nicht länger göttlichem Eingreifen zuschreiben und deshalb mussten menschliche Beziehungen neu verhandelt werden. Ruinen boten daher nicht nur die Möglichkeit über Räume nachzudenken, sondern auch über die Veränderung der Zeit, was weit mehr ist als ihre offensichtliche Rolle als Memento Mori. Deshalb ist es wahrscheinlich kein Zufall, dass in einer Ära, in der es keinen feudalen Garten ohne extra angefertigte Ruine gab und sich die wissenschaftliche Methodologie rasch weiterentwickelte (die Zeit wurde aus göttlicher Hand genommen), Louis-Sebastien Mercier (1740-1814) sein vorrevolutionäres Prä-Science-Fiction-Buch Aufzeichnungen des Jahres 2500 schrieb, in dem das utopische Konstrukt wann-anders statt woanders stattfindet, nämlich inmitten der Ruinen von Versailles:

„Ich kam in Versailles an und sah mich in diesem großartigen Schloss um, von dem das Schicksal vieler Nationen ausging. Was für eine Überraschung! Ich konnte nichts als Ruinen entdecken, klaffende Wände und verstümmelte Statuen; einige Säulengänge, halb abgerissen, boten eine konfuse Idee ihrer alten Herrlichkeit. Als ich über diese Ruinen ging, sah ich einen alten Mann auf dem Kapitell einer Säule sitzen. Ach! sagte ich zu ihm, was ist aus diesem enormen Palast geworden? - ‚Er ist gefallen’ - Wie? - ‚Er wurde von seinem eigenen Gewicht zermalmt. Ein Mann in seinem ungeduldigen Stolz hatte hier der Natur Gewalt angetan. Er häufte eilends Gebäude auf Gebäude; um gierig seinen unberechenbaren Willen zufrieden zu stellen, drangsalierte er seine Untertanen; der ganze Reichtum einer Nation wurde hier verschlungen’…“

Hier wird die Idee von zukünftigen Ruinen als Kulisse für einen gegenwärtigen, politischen Kommentar (in diesem Fall mit prophetischer Dimension) zum ersten Mal in der Literatur verwendet.

Im Europa des 19. Jahrhunderts wurden das immer schneller wachsende Konzept von einem nationalen Kulturerbe und die Erweiterung der Museen bemerkbar, die, wie das Britische Museum, Mitte des 18. Jahrhunderts gegründet worden waren. Fragmente lokaler Ruinen wurden in diese öffentlichen Sammlungen integriert. Durch die kolonialen Unternehmungen wurde, als Begleiterscheinung, der Zugang zu individuellen Reisen erleichtert und so konnte man sich in fremden Ländern an Ruinenstücken für private Zwecke und öffentliche Sammlungen bereichern (legal oder auf andere Art). Gleichzeitig gewann die Industrialisierung immer mehr an Dynamik. Das fragmentierte die landwirtschaftliche Gesellschaft mit ihrer relativ strengen, sozialen Gliederung und ersetzte sie langsam. Während dieser Periode könnte der Impuls, alte Kirchengebäude und Gebäude, die (einst) im Besitz der Aristokratie gewesen waren, zu erhalten oder zu restaurieren, vielleicht als ein Versuch interpretiert werden, einen Fokus von sichtbarer Stabilität in einem weitläufigen, sozialen und ökonomischen Stadium der Veränderung zu schaffen, eine öffentliche Zurschaustellung, die einer Kontinuität von Zeit Respekt zollt.

Während des 19. und 20. Jahrhunderts fand auch eine steigende kommerzielle Ausbeutung und die Musealisierung von Ruinen statt. Nicht nur die Besichtigungen, sondern auch der Verkauf von Souvenirs von verkleinerten, industriell reproduzierten Fragmenten aus Kunststein z.B. sind eine Hauptkomponente der weltweiten Tourismusindustrie, von Athen bis Angkor Wat. Obwohl ich mich hier auf wichtige architektonische Arbeiten bezogen habe, hat unsere Reise (und die vom letzten Jahr) einige Gegenstücke in der privaten, öffentlichen und industriellen Sphäre produziert. Das ausgediente Swimmingpool, wie das, das wir in Mineralni Bani gesehen haben, wird zu einem Bild, das J.G. Ballard in vielen seiner Arbeiten verwendet. Normalerweise verwendet er es wie in News from the Sun (1982), Mythen der nahen Zukunft (1982), Hochhaus (1975) oder in seinem teilweise autobiographischen Roman Das Reich der Sonne (1984) in einem Kontext, in dem leere oder halbleere Pools Verlassenheit ausdrücken, den Verfall von „Normalität“, oder sie dramatisieren den Prozess der implodierenden sozialen Strukturen.