Robert Johnson
Szymon Kobylarz
Aquarellbuntstift und Kohle auf Karton
121.5 × 90.5 cm (gerahmt)
2010
Ankauf 2010
Inv. Nr. 0204
Szymon Kobylarz verbindet in seinen Arbeiten Fiktion und Realität. Die beiden Zeichnungen – der Künstler bezeichnet sie als „einfache Cartoons“ – bergen ein gemeinsames Mysterium. Sie zeigen zwei Musiker mit unterschiedlichen Zugängen und verschiedener Herkunft, aber einem ähnlichen Schicksal. Beide starben jung und am Start ihrer jeweiligen Laufbahn.
Der rastlose Wandermusiker Robert Johnson, geboren 1911 in Mississippi, war eine legendäre Figur, „partly truth and partly fiction“ (Kris Kristofferson). Sein ausdrucksstarkes Bottleneck-Gitarrenspiel und sein kompositorischer Ideenreichtum machten ihn zu einem der einflussreichsten Bluesmusiker, wurde er mit seinen Stücken doch zum Impulsgeber für Rockgrößen wie die Rolling Stones, The Cream oder Led Zeppelin. Dass seine Musik, die ebenso von Höllenhunden erzählt wie vom Pakt eines Gitarrenspielers mit dem Teufel, in Johnsons eigener Interpretation tradiert werden konnte, beruht auf zwei Plattensessions im Jahr 1934, bei denen der Mann, den man später „King of the Delta Blues“ nennen sollte, ein paar Dutzend Songs einspielte. Dann verschwand er wieder im Nebel der Anekdoten, die vor allem um seinen ausschweifenden Lebensstil kreisen. 1938 wurde er, so wird berichtet, von einem eifersüchtigen Ehemann vergiftet. Wahrscheinlich starb er an Syphilis. Kobylarz hatte keine große Auswahl, als er eine Bildvorlage für seine Zeichnung suchte. Denn es gibt nur eine einzige Fotografie, die überliefert ist, jene mit dem keck sitzenden Hut, die längst zu einem Art Heiligenbild der Frühgeschichte der Black Music geworden ist.
Auch die Karriere des Pianisten und Komponisten Krzysztof Komeda (1931–1969), der in Polen als Wunderkind galt und zu einem Idol der jungen Jazzgeneration avancierte, war mit dem Tod nicht zu Ende. Mit der lyrischen Intensität seiner kühlen Kompositionen, die von Aussparungen leben und vor allem über das Kino Popularität erlangten, wurde Komeda zu einem übergroßen Vorbild für die polnische Jazzszene. International bekannt wurde er mit der Filmmusik für Roman Polanskis ersten Hollywood-Film Rosemary’s Baby. Komeda war 38 Jahre alt, als er an einer Gehirnblutung starb, die er sich nach einem nie aufgeklärten Unfall in Los Angeles zugezogen hatte. Darauf weist auch der polnische Titel Krwiak (dt. Hämatom) hin.
Mit den beiden beinahe fotorealistischen, beklemmend präsenten Zeichnungen, denen die Collagetechnik zusätzliche Tiefe gibt, treibt Kobylarz ein Spiel des Öffnens und Verdeckens. Die Porträts wirken, als hätte der Künstler die beiden legendenumrankten Musiker aus dem Jenseits heraufbeschworen. Immerhin wurde Robert Johnson nachgesagt, mit dem Teufel einen Pakt geschlossen zu haben, und auch Krzysztof Komeda verbindet durch seine Arbeit an Rosemary’s Baby eine mysteriöse Nähe zum Diabolischen und Unheimlichen.
Wolfgang Kos, Heike Maier-Rieper, 2011
WeiterlesenAusstellungen
evn sammlung / institutionelle Präsentation, Viennafair, Wien, 2011
Publikationen
evn collection. 2006–2011, Köln 2011, S. 262–265