Untitled #06 l/g
Haris Epaminonda
Found-Footage-Papier
3-teilig, je 26.5 × 19.5 cm (gerahmt)
2009
Ankauf 2010
Inv. Nr. 0207abc
Die Arbeit Untitled #06 l/g der zypriotischen Künstlerin Haris Epaminonda scheint für ein Energieunternehmen passend zu sein. Tosende Fluten stürzen in die Tiefe – dazu am rechten Teil des Wasserfall-Triptychons eine Textzeile des Inhalts: „Auf der nächsten Seite: Ungenutzte Energie“.
Haris Epaminonda findet das Ausgangsmaterial ihrer Arbeiten. Das gilt für ihre Videos, Fotos wie Objekte und besonders für ihre Papierarbeiten. Die Künstlerin stellt dafür einzelne Seiten aus antiquarischen, vorzugsweise aus den 1950er- und 1960er-Jahren stammenden Büchern neu zusammen. Es sind Versatzstücke aus fernen Zeiten und Ländern, die neu arrangiert in den Kontext der Gegenwart gesetzt werden. Layout, Sprache, Farbtöne und vor allem auch die Haptik des Papiers zeugen von Geschichte; durch die künstlerische Zusammenstellung erfahren Raritäten Aktualisierung und öffnen ein Fenster in die Vergangenheit. Nicht die einzelne Seite ist von Bedeutung, sondern die Kombination aller Elemente. Aus den Seiten eines Buches, dem zweidimensionalen Medium schlechthin, entstehen plastische Gebilde. Dazu trägt auch die von der Künstlerin sorgsam mitgedachte Rahmung bei, was die Frage nach der bewussten Institutionalisierung dieser Kleinodien aufwirft, wirken doch viele Arbeiten der Künstlerin wie Museumswelten en miniature.
Die 2009 in der Malmö Konsthall gezeigte Personale VOL. I, II & III verdeutlicht Epaminondas Prinzipien. Die Arbeiten wurden in und auf typischen Sockeln und Vitrinen klassisch museal präsentiert, was den Eindruck von typologisch-ethnologischen Rundgängen vermittelte. Man sah Vasen und andere Gefäße, kleine Skulpturen im Raum, die im Dialog mit einzeln gerahmten Buchseiten an den Wänden standen. In diesen Dialog konnten die Betrachtenden einsteigen und sich mit dem Found-Footage-Material auf eine Art Zeitreise begeben.
Die Arbeit in der evn sammlung lädt zu einem Besuch der Victoriafälle ein. Dem Hinweis auf „ungenutzte Energie“ im rechten Teil des Triptychons steht der „Teufelskatarakt“ im linken Teil gegenüber; das Mittelstück kommt ohne Text aus. Haris Epaminondas Arbeiten fordern die Wahrnehmung heraus; die Motive konfrontieren einen mit der kulturellen und politischen Problematik ihrer Entstehungszeit. Gleichzeitig sind sie auch Artefakte der unmittelbaren Gegenwart, die mit Dimensionen (von denen Zeit eine ist) spielen. Die gewaltigen Wassermassen des Sambesi kontrastieren mit dem fragilen Charme des dreiteiligen Arrangements.
Heike Maier-Rieper, 2011
WeiterlesenAusstellungen
evn sammlung / institutionelle Präsentation, Viennafair, Wien, 2011
Beyond, Kumu Art Museum, Tallinn, 2011
Publikationen
evn collection. 2006–2011, Köln 2011, S. 151–153