Octogon Cabinet of Confectionary Wonders
Mark Dion & Dana Sherwood
Mixed Media (Vitrine, Tierpräparate, Steine, Muscheln und Silikonformen)
174 × 145 × 145 cm
2012
Ankauf 2012
Inv. Nr. 0233
Mark Dion mit Dana Sherwood
Mark Dion, ein großartiger amerikanischer Konzeptkünstler, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Natur, Naturgeschichte und ihrer Darstellung in der Gesellschaft. Natur ist für ihn kulturelle Konstruktion und Projektionsfläche menschlicher Vorstellungen. Aus unterschiedlichen Blickwinkeln nähert er sich Fragen der Repräsentation und knüpft thematisch und formal häufig an jene historische Phase an, in der die subjektive Ordnung der Wunderkammern der rationalen des Museums weicht. Sein Interesse gilt darüber hinaus wissenschaftlichen Methoden und Klassifikationssystemen der Archäologie, Biologie, Ethnografie oder Ornithologie.
Die Gleichrangigkeit von Natur und Kultur, von Naturexponat und Kunstwerk demonstriert Mark Dion mit seinem Werk Octagon Cabinet of Confectionary Wonders, einer Gemeinschaftsarbeit mit seiner Partnerin Dana Sherwood.
Präsentationsarchitektur ist eine achteckige Schauvitrine, die, so wird vermutet, aus dem Wiener Naturhistorischen Museum stammt. Das Achteck als Symbol der Vollkommenheit und Perfektion liegt Zentralbauten wie etwa San Vitale in Ravenna zugrunde, dem Felsendom in Jerusalem oder Thomas Jeffersons Landgut Monticello. Dion verteilt zoologische Flüssigpräparate in der Vitrine, historische Gläser, gefüllt mit Ringelnattern und Blindschleichen, Molchen, Echsen, Käfern und Würmern, platziert einen kleinen präparierten Hai und ein Äffchen. Vier Laden im Boden der Vitrine sollten Symbole für die vier Elemente aufnehmen. Als sich eine nicht öffnen ließ, hatte Dion eine raffinierte Lösung parat: Neben Wasser (Seestern) und Luft (Schmetterling) repräsentiert ein Lavastein Erde und Feuer.
In der oktogonalen Kuppel der zweistöckigen Vitrine hat Dana Sherwood eine wunderbare Referenz auf Wiener Konditoreien arrangiert: Sie hat amerikanische Puddingformen mit Silikon ausgegossen und die funkelnden „jellies“ wie in einer Auslage der k. u. k. Hofzuckerbäckerei Demel angeordnet. Ganz im Sinne des skurrilen Barons Friedrich Ludwig von Berzeviczy-Pallavicini, der die Schaufenster von Demel und dem New Yorker Kaufhaus Lord & Taylor inszenierte, lässt sie Fliegen und allerlei Kleingetier über die Götterspeisen auf ihren dekorativen Etageren und Präsentiertellern krabbeln. Damit unterminiert Sherwood wissenschaftliche Ansprüche von Ordnung, Objektivität und Allgemeingültigkeit, die Mark Dion eine Etage tiefer – humorvoll und spielerisch – erhebt. Die kongeniale Arbeit oszilliert zwischen Natur und Kultur, Wildnis und Häuslichkeit, zwischen Objekt und Display, zwischen natürlicher und materieller Welt.
Brigitte Huck, 2005
WeiterlesenAusstellungen
small medium large. Skulpturen und Objekte aus der evn sammlung, evn sammlung, Maria Enzersdorf, 2022
Wallpaper #3, evn sammlung, Maria Enzersdorf, 2019
Publikationen
evn collection. 95–2015 Jubilee, Wien 2015, S. 107–111
Mark Dion. Die Wunderkammer [erscheint anlässl. der Ausstellung „The Great Munich Bug Hunt“ von Mark Dion im K-Raum Daxer, München, vom 6. November bis 18. Dezember 1993], München 1993