Ohne Titel
Roman Ondák
Vitrine, Formaldehyd, Buch, medizinisches Gefäß
143 × 66 × 46 cm
1992
Ankauf 2003
Inv. Nr. 0126
Die etwas altmodisch wirkende Vitrine in blassen Farben beinhaltet einen bibliophilen Schatz: How to Look at Pictures, die englische Ausgabe einer didaktischen Schrift zum Verständnis von moderner Kunst des tschechischen Kunsthistorikers Richard Messer aus den Dreißigerjahren. Die Rarität – unbekannter, vielleicht sogar mysteriöser Herkunft – wurde von Roman Ondák in dieser frühen Arbeit liebevoll in Formaldehyd gegossen. Die Frage bleibt offen, ob das Buch, das in keiner Bibliothek in einer englischen Ausgabe zu finden ist, tatsächlich so existiert hat. Als ein Relikt der Kultur der einstigen Tschechoslowakei spiegelt es jedenfalls Geschichte, durch den anderssprachigen Titel wird das Buch zumindest nachträglich in einen internationalen Kontext gestellt.
In späteren Installationen bedruckte Ondák Lebensmitteldosen und Säcke mit Buchtiteln oder Autorennamen. Zucker- oder Mehlpakete trugen anstelle des Firmenzeichens die Namen von Philosophen als Logo: „Leibniz“, „Husserl“, „Sartre“. Ondák, ein Neokonzeptkünstler mit ironischem Hintersinn, verschiebt immer wieder Bedeutungen. Zumeist verbergen sich hinter dem, was man sehen kann, Geschichten, die die Imagination herausfordern. Etwa als am Parkplatz der Wiener Secession, also mitten im Fließverkehr, über Wochen hinweg und ohne Kommentar alte Ostblockautos standen, die Ondák von Freunden in Bratislava geliehen hatte.
Wolfgang Kos, 2005
WeiterlesenAusstellungen
Nach Rokytník. Die Sammlung der EVN, MUMOK, Wien, 2005
Publikationen
evn sammlung 95–05, Köln 2005, S. 242–247