On Rising and Falling Ground (II)
Vlatka Horvat
Neonarbeit
12 × 120 cm
2011
Ankauf 2012
Inv. Nr. 0241
„Unsere räumlichen Teile sind Dinge wie der Kopf, die Füße und die Nase; zeitliche Teile sind zum Beispiel das ich-gestern, das ich-heute und das ich-morgen. Wenn man verschiedene zeitliche Teile hat, erklärt das, wie man zu verschiedenen Zeiten existieren kann und auch wie man zu verschiedenen Zeiten verschiedene Eigenschaften haben kann… Das Fortbestehen über einen Zeitraum hinweg ähnelt der Ausdehnung im Raum; es ist alles eine Frage der Teile“ (Katherine Hawley, Temporal Parts).
Das Werk von Vlatka Horvat führt die inhärente Trennung unserer körperlichen Empfindung einer physischen Präsenz (des Gefühls „Ich bin jetzt hier“) von einer dem Ort enthobenen Präsenz vor Augen, wie sie durch historische und archivalische Fotografie vermittelt wird. In der Werkgruppe von Collagen mit dem Titel With the Sky on Their Shoulders greift Horvat auf das Archiv ihrer eigenen Familienfotos zurück, um ihre historische Vergangenheit im sozialistischen Jugoslawien einer kritischen Neubewertung zu unterziehen. In einem ziemlich gewaltsamen Akt des Zerteilens, Ausschneidens und Umgestaltens dieser Bilder drückt sie ihre Frustration über die persönliche Distanz aus, die sie und viele andere empfinden, wenn sie solche Bilder aus einer Zeit betrachten, die ihnen körperlich nicht zugänglich ist.
Die zwischen den anderen Elementen der Installation platzierte Neonarbeit On Rising and Falling Ground (II) ist eine Veranschaulichung dieser Verschiebung zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Sie greift Katherine Hawleys Unterscheidung zwischen räumlichen und zeitlichen Teilen und deren Beziehung zu unserem Körperempfinden auf. Die leuchtende und überspitzte Form der Neonskulptur korrespondiert mit Horvats gewaltsamem Heraustrennen von individuellen Gesichtern und Körperteilen in ihren Collagen.
Hans Ulrich Obrist, 2015
WeiterlesenAusstellungen
Krise als Ideologie, Kunstraum Niederösterreich, Wien, 2016
Publikationen
evn collection. 95–2015 Jubilee, Wien 2015, S. 178–183