Ohne Titel (Plakat)
Lois Weinberger
Plakat
89.5 × 70 cm
1992
Ankauf 2013
Inv. Nr. 0249c
Lois Weinberger ist ein Ethnologe natürlicher Randzonen. Es geht um Zivilisationsräume und Migrationsprozesse und um das Verhältnis von Natur und Kunst. Lois Weinbergers Kunst ist poetische Feldarbeit, präzise Untersuchung des Lapidaren. Ein Besen lehnt in der Ecke. Daneben befindet sich ein auf dem Kopf stehendes weiß gefärbtes Glas. Hinter den beiden Gegenständen hängt ein Plakat, das diese Objekte ein zweites Mal zeigt. Das Poster verdoppelt die Realität der Dinge und entfremdet sie zugleich durch Fernwirkung und Entrückung im Bild. Für Weinberger ist die Poesie des Einfachen typisch, aber auch der politische Bezug, der sich in einem Stillleben verbirgt. Auf dem Poster, das vom Salzburger Kunstverein herausgegeben und vertrieben wird, sind die beiden Dinge in Gemeinschaft mit anderen Objekten zu sehen. Einige davon sind mit Beton gefüllte Plastiksäcke, die die Form minimalistischer Skulpturen mit popkulturellen Häuten annehmen. Der Reisigbesen ist ein bäuerliches Gerät und im Kontext einer Ausstellung ein volkskundliches, vorindustrielles Utensil. Für Weinberger ist er Metapher für eine politische Strategie der Moderne. Ist nicht die Reinigung – der Form, der Räume, der Gestalt – eine zentrale Idee künstlerischer Avantgarde? Sind nicht das Auslöschen von Vergangenheit, Sichtbarkeit und der Kult des Reinen Grundideen ihrer folgenreichen Dynamik? Die Paarung des Besens mit dem Glas, dieses räumliche Stillleben, vereint die Dimension der Reinheit mit der ländlichen Herkunft zu einem stummen, aber vielsagenden Sinngefüge. Auch das Glas ist geleert und wie die Geschichte auf den Kopf gestellt, zugleich ist es weiß, wie die Räume, in denen sich Kunst seitdem präsentiert.
Thomas D. Trummer, 2015
WeiterlesenPublikationen
evn collection. 95–2015 Jubilee, Wien 2015, S. 377 ff