Silvie Fleury wurde Anfang der Neunzigerjahre mit Arbeiten bekannt, die weibliche Luxusgüter als Readymades in den Kunstkontext transferierten. Sie selbst inszeniert sich als „fashion victim“ und enthusiastische Konsumentin im kapitalistischen System. Ihre Raketen in Lippenstiftfarben, die kuscheligen Kunstfellobjekte oder in verchromte Bronzeplastiken übersetzte Kultobjekte können als ironische Unterwanderungen dieses ökonomischen Modells begriffen werden.

Das Verhältnis der Geschlechter nahm sie 1999 unter die Lupe, als sie sich eine der letzten Männerdomänen innerhalb des Sports und der Populärkultur einverleibte, die Formel 1. So nahm sie den Rennanzug von Weltmeister Mika Häkkinen als Vorlage für den Entwurf ihres Formula One Dress und ließ sich mit dem Sportidol auf einem schicken Foto verewigen. Die Skulptur W6 gehört in diesen Bereich der metaphorischen Übersetzungen von Mädchen, Männern und Motoren. Der Formel-1-Reifen – ein verchromter Bronzeguss – entstand gleichzeitig mit Abgüssen von Motoren einer bereits vergangenen Generation von Sportwagen. Geradezu verträumt altmodisch sieht er aus und ruft uns dennoch in Erinnerung, dass die letzte Runde im Rennen um die Gleichberechtigung noch immer nicht eingewinkt worden ist.

Brigitte Huck, 2005