In ihrer 1995 begonnenen Serie Five Revolutionary Seconds spielt die Künstlerin mit der doppelten Bedeutung des Wortes „Revolution“. Mit einer Kamera für Luftaufnahmen arrangiert sie in einer großbürgerlich-feudalen Wohnung mehr oder weniger heftige, emotional aufgeladene Szenen mit Schauspielern. Dann wird eine 360-Grad-Panoramaaufnahme des Raumes mit einer Belichtungszeit von fünf Sekunden gemacht. Mit der Kameraumdrehung – „Revolution“ – fängt die Künstlerin „revolutionäre“ Momente ein, denn ins poetische Genrebild ist immer auch ein Schockelement eingebaut.

Es ist Kinematografie, die zum Tableau vivant wird. Taylor-Wood verwendet das Panorama, eine Bildidee, die Ende des 18. Jahrhunderts erfunden wurde, um eine spektakuläre Illusion zu erzeugen. Die Spannung zwischen dem flachen Foto und der Kurve des Panoramaraums bedingt genaue Beobachtung, will man die Beziehungen der Figuren im Bild zueinander und zum Betrachter analysieren. Wie bei Chardin sind sie vollkommen in ihre eigene Welt verstrickt, von ihr in Anspruch genommen und zeigen keine Kenntnis vom Vorhandensein eines Zusehers. Der symbolische Mikrokosmos des Bildes suggeriert eine Welt, die nicht im dokumentarischen Sinn abbildet, sondern als Allegorie funktioniert. Alles könnte und nichts wird geschehen.

Brigitte Huck, 2005