Sculpture for Bathroom
Gelitin
Metall, Stoff und Gips
109 × 45 × 54 cm
2013
Ankauf 2014
Inv. Nr. 0268
Gelitins Sculpture for Bathroom ist in Wahrheit eine Botschaft, und zwar eine von der dringenden Notwendigkeit unmittelbaren Erlebens künstlerischer Prozesse.
Im Frühsommer 2013 lieferte Gelitin – das sind Wolfgang Gantner, Ali Janka, Florian Reither und Tobias Urban – in einer sechstägigen Performance im 21er Haus, einem von Wiens traditionsreichsten Museumsräumen, ein Meisterstück souveräner Raumeroberung. Damit erledigten die Künstler ein für alle Mal Kleinigkeiten wie die internationale Minimal Art sowie den Situationismus, das Alpine generell und die Skulptur im Besonderen, das Performative, Prozessuale und die Partizipation, Grunge, Death Metal, Rock und das Pianospiel, Ausstellungsdisplay und biologisches Essen.
Ausgangsmaterial waren Styropor und Gips. Styropor in Form eines gewaltigen minimalistischen Architekturblocks von acht mal acht mal acht Metern, der sich in der lichtdurchfluteten Halle des Stahlskelettbaus erhob und bis hinauf zur Decke reichte. Oben turnte eine Seilschaft aus Gelitin und klettertauglichen Kollegen, die das Massiv mit Heißdrahtmaschinen durchlöcherten und sukzessive abtrugen. Der „negative space“ wurde mit Gips ausgegossen. Zum bequemeren Entfernen der Skulpturen aus der Matrix kamen Fundstücke aus den Tiefen der Flohmärkte dieser Welt zum Einsatz. Die zivilisatorischen Versatzstücke hatten ihren Auftritt als spielerische Grotesken, getragen von der Synchronizität des Realen und Absurden, von satirischer Kraft und Mut zum Außergewöhnlichen. Angefeuert von beschwingten Fans und entfesselten Volksschulkindern seilte Gelitin die blendend aussehenden Zufallsplastiken ab – auch das feministische Exemplar, das sich heute in der evn sammlung befindet, ein reizender Hutständer mit rosa Handtuch.
Aufgewachsen im Zeichen des Punk, setzen die Künstler von Gelitin provozierendes Aussehen, nonkonformistisches Verhalten und leicht abgefederte Rebellion ein, um Nummern durchzuziehen, die ihresgleichen suchen. Ihr Medium ist vielgestaltig und hat nichts mit dem längst überholten Cross-over der 90er zu tun. Gelitin liebt die Querverweise zwischen Malerei, Skulptur und Rock, zwischen Architektur und Sport, zwischen Performance und Mode, zwischen Ereignis und Diskurs. Was dabei herauskommt, gehört wahrscheinlich zum Spannendsten, was Kunst heute zu bieten hat, denn die Banda hält ihr Publikum mit Projekten in Atem, die die Welt noch nicht gesehen hat. Wir sind glücklich, dabei zu sein.
Brigitte Huck, 2015
WeiterlesenAusstellungen
small medium large. Skulpturen und Objekte aus der evn sammlung, evn sammlung, Maria Enzersdorf, 2022
Wallpaper #1, evn sammlung, Maria Enzersdorf, 2018
Publikationen
evn collection. 95–2015 Jubilee, Wien 2015, S. 145–147