Erziehung
Nino Sekhniashvili
42 Objekte aus Edelserpentin
Maße variabel, L 1–10 cm
2013
Ankauf 2014
Inv. Nr. 0267
Die Georgierin Nino Sekhniashvili ist eine konzeptuell arbeitende Künstlerin, die in Düsseldorf bei Rosemarie Trockel das Fach Experimentelle Bildhauerei und später an der Kunstakademie Tiflis Druckgrafik studierte. Verschiedene (Aufenthalts-)Stipendien führten sie von der Akademie Schloss Solitude in Stuttgart zur Stiftung Binz39 in Zürich und zu KulturKontakt in Wien. Seit 2013 betreibt sie die Galerie Nectar im historischen Zentrum von Tiflis, ein „artist-run space“, mit dem sie 2014 zur Teilnahme an der Liste – Art Fair Basel eingeladen wurde. Mit enormem Einsatz gelingt es ihr, die aktuelle Kunst in Georgien sichtbar zu machen, und das totale Fehlen einschlägiger Institutionen in Tiflis auszugleichen. Umgekehrt zieht es Künstlerinnen und Künstler wie Josef Dabernig, Helmut und Johanna Kandl, Christian Mayer und Sonia Leimer in den Kaukasus, eine Region, die antike Helden wie Jason ebenso faszinierte wie die österreichische Nobelpreisträgerin Bertha von Suttner.
Dem direkten Austausch und der Kooperation ist es zu verdanken, dass das ebenso spröde wie überzeugende Werk Nino Sekhniashvilis in der evn sammlung vertreten ist. Es steht im Spannungsfeld gesellschaftlicher Normen, lokaler Mythologien und, bisweilen, der Macht des Schicksals: 2013 veranstalten zwei renommierte österreichische Künstlerinnen – Catrin Bolt und Edith Payer – ein Symposion in der Gemeinde Bernstein im Burgenland. Der Ort ist für seinen Serpentinsteinbruch und eine Manufaktur für Souvenirs aus dem Material bekannt. Unter den eingeladenen Künstlerinnen und Künstlern aus Österreich, Ungarn, Serbien und Georgien ist auch Nino Sekhniashvili. Während der Dauer des Symposions sitzt Sekhniashvili in einer Schulbank im Madonnenschlössl und schnitzt aus den Abfällen der Serpentinmanufaktur „steinzeitliche“ Alltagsobjekte wie Messer und Pfeile. Später benutzt sie einen Dremel, ein Multifunktionswerkzeug, das schleift, sägt, poliert und graviert. Damit kann sie aus dem weichen Stein so raffinierte Gegenstände wie Nähnadeln in einer Hülse mit Schraubdeckel herstellen, einen Fingerhut, verschiedene Knöpfe, einen Kamm, einen Zigarettenhalter und ein Schnapsglas. Die 42 Objekte arrangiert sie in einer Vitrine nach den Ordnungskriterien archäologischer Museen. Die Arbeit heißt Erziehung und stellt folgende Fragen: Wo hört der Alltag auf und wo beginnt die Kunst? Wann endet die – lebendige – Kunst und wann setzt ihre Musealisierung ein?
Brigitte Huck, 2015
WeiterlesenAusstellungen
small medium large. Skulpturen und Objekte aus der evn sammlung, evn sammlung, Maria Enzersdorf, 2022
Publikationen
evn collection. 95–2015 Jubilee, Wien 2015, S. 318–323
Kunst im Madonnenschlössel 2013. Der unübliche Blick, Symposium für bildende Kunst, 26.08. – 08.09. 2013, Bernstein 2013, S. 40 ff