ZEIT (Objekte aus der Serie A)
Josef Bauer
Holzobjekt, MDF-Platten und Lack, zweiteilig
59 × 120 × 2 cm (gesamt)
1990
Ankauf 2014
Inv. Nr. 0279ab
Das Z steht am Anfang und links außen. Sein geschwärzter oberer Horizontalbalken wird durch einen spitzen Winkel nach unten verlängert. Vielleicht erkennt jemand eine Zahl 7. Doch diese findet eine ungewöhnliche Fortsetzung. Der untere Balken weist einen geradlinigen Weg nach rechts, in strenger Parallele zu seinem oberen Bruder, aber erheblich weiter, als es das Zeichen vorsieht. Es scheint, als würde – einmal unten angelangt – das Z Fahrt aufnehmen. Zugleich ist am Ende seiner Laufbahn der Hals eines umgestürzten zweiten Buchstabens zu erkennen, ein um 90 Grad gestürztes T. Unschwer lesen wir in den Kürzeln das Wort „Zeit“. Es gehört zu den Eigenheiten menschlicher Lesebefähigung, dass Binnenkürzungen leichter entziffert werden. Vokale, die ausgelassen werden, sind einfacher zu ersetzen. Die beiden Konsonanten konturieren die Außenkanten wie ein Bild, geben ihm Halt wie eine abgelaufene Spanne Zeit. Josef Bauer nützt diesen Effekt. Er ist ein Künstler, der in seinem Œuvre die Selbstbezüglichkeit der Sprache thematisiert. Der Begriff des „Schriftbildes“ bezeichnet die Zweipoligkeit, mit der diesen Objekten begegnet werden kann. Sie provozieren einen Vexiereffekt, eine Entscheidung, ob in dem Gebilde ein Wort oder ein Wandrelief zu erkennen ist. Denn es ist unmöglich, beides gleichzeitig zu sehen, das Wandobjekt als Bild und als Wort. Wobei Letzteres gestreckt (durch die Länge seines Anfangsbuchstabens) ist und gekürzt zugleich (durch die Absenz der Vokale).
Thomas D. Trummer, 2015
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Ausstellungen
Wallpaper #6, evn sammlung, Maria Enzersdorf, 2023
Auf zu Neuem. Drei Jahrzehnte von Schiele bis Schlegel aus Privatbesitz, Landesgalerie Niederösterreich, Krems, 2021
Days of Future Just Past. Curated by Brigitte Huck & Martin Guttmann, Galerie Charim, Wien, 2015
Publikationen
Auf zu Neuem. Drei Jahrzehnte von Schiele bis Schlegel aus Privatbesitz [anlässlich der Ausstellung „Auf zu Neuem. Drei Jahrzehnte von Schiele bis Schlegel aus Privatbesitz“, Landesgalerie Niederösterreich, 27. März 2021 bis 6. Februar 2022], Weitra 2021, S. 150
evn collection. 95–2015 Jubilee, Wien 2015, S. 100