In Untitled (THE STATE OF THINGS) erzeugt Rirkrit Tiravanija durch die Anordnung traditioneller kultureller Artefakte eine symbolische Repräsentation des Himmels und der Erde. Zwei traditionelle thailändische Drachen lehnen an der Wand: Der größere stellt den „männlichen“, der kleinere den „weiblichen“ Drachen dar. Die fixe aufrechte Position der Objekte verleiht ihnen eine anthropomorphe Haltung, ein Hinweis auf ihre traditionelle Verwendung bei königlichen Wettkämpfen, in denen zwei Teams versuchen, den gegnerischen Drachen zu Boden zu zwingen. Durch diese simulierte Rivalität scheinen die Drachen zu schweben; ihre Position steht für Freiheit, aber zugleich auch für den freien Fall.

In ihrem Text In Free Fall: A Thought Experiment on Vertical Perspective (Im freien Fall: ein Gedankenexperiment zur vertikalen Perspektive) erläutert Hito Steyerl, dass die gegenwärtige Situation durch einen Zustand der Bodenlosigkeit geprägt ist: „Wir können nicht annehmen, dass es einen festen Grund gibt, der uns als Basis für metaphysische Behauptungen oder Gründungsmythen dienen könnte. Im besten Fall haben wir es mit vorübergehenden, zufälligen und unvollständigen Versuchen der Begründung zu tun.“ Tiravanijas Installation funktioniert als Metapher dieses postmodernen Zustands der Bodenlosigkeit; der Teppich auf dem Boden symbolisiert nicht nur die Welt, die darunterliegt, sondern erzeugt auch eine paradoxe Spannung zwischen den simultanen Empfindungen des Schwebens und des Fallens, der Illusion der Freiheit und dem Gefangensein in kulturellen Traditionen.

Hans Ulrich Obrist, 2015