You, not me
Aline Cautis
Öl auf Leinwand
85 × 66 cm
2014
Ankauf 2014
Inv. Nr. 0282
„Ich denke in Begriffen von Raum, Linie und Farbe usw. Für mich sind diese Dinge Träger von Information und Sprache. Tatsächlich sind diese Gemälde nicht abstrakt. […] Sie sind Fragmente von vielen, vielen Geschichten.“ Die Bilder sind weder abstrakt noch figurativ, vielmehr handelt es sich um Kleinformate, die Cautis zu Arrangements komponiert. Sie sei an Architektur interessiert, betont sie. Manche der Gemälde werden zu Paravents oder kleinen Wandverkleidungen zusammengestellt. In diesen Inszenierungen hängen Bilder einzeln. An anderen bleiben von den Form- und Farbstudien nur verdickt bemalte Rahmen übrig. Das Gemälde in der evn sammlung ist ein Hochformat auf hellbeigem Grund. Es sticht durch seine schwungvolle Eleganz hervor und durch seine Heiterkeit. Andere Bilder sind dunkler, schwermütiger, verdichteter, devastierter. In diesem Bild dominieren indes Leichtigkeit, Bewegung und duftige Frische. Große Farbbahnen in dunklem Blau umkreisen das Binnengeschehen des Bildes. Die Striche treten in Parallelen auf, ziehen raffinierte Kräusel über die Leinwand, als wären es Spuren einer Eiskunstläuferin. Das Tänzerische – unverkennbar klingt die federnde Farbrhythmik von Matisse an – wird unterstützt durch den Kontrast mit hellen Farbsprengseln. Girlanden von Grün und Rot und kurzatmige Ockerstriche füllen die tiefblauen Umrahmungen. Sie sind rasch entwickelt, spontan gesetzt, ein ebenso melodisches wie skizzenhaftes und müheloses Dekor. Wer sich Mühe macht, wird darin nicht nur ein anmutiges Spiel erkennen, sondern ab und an Motivisches entdecken. Oben links taucht – umrahmt von einer eiförmigen Kontur – ein weibliches Gesicht auf, nur zur Hälfte zwar. Doch lassen sich Züge von Haar, Auge und Mundpartie ausmachen. Es bleibt bei der Andeutung, bei einem Auftauchen in malerischer Nebensächlichkeit. Manches erinnert an den Stil der 1950er-Jahre oder an die Gesichter, mit denen Designerinnen und Designer ihre Modefigurinen mit schnell gesetzten Strichen versehen. Es geht um den Schwung, ein hellenisches Ideal, schwerelose Eleganz und ein Antlitz aus Farbkräuseln in erahntem Porzellan.
Thomas D. Trummer, 2015
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evn collection. 95–2015 Jubilee, Wien 2015, S. 86 f