Ohne Titel
Julia Haller
Pigment, Acryl und Aluminium auf Mineralstoffplatte
90.4 × 75.2 cm
2014
Ankauf 2015
Inv. Nr. 0291
Das Spiel von Figur und Grund nimmt irritierende Züge an. In drei hochformatigen Platten sind blassblaue Handschriften zu sehen. Es sind krakelige Skripturen. Sie verknoten und verdichten sich, ungelenk und sperrig, kindlich und verspielt. Die Linien bilden weder ab, noch sind es abstrakte Figuren oder Zeichen. Vielmehr erinnern sie an jene kreativen Gewächse, die im Zustand der Gedankenlosigkeit zu Papier gebracht werden: unfokussierte, aufmerksamkeitsfreie Notate. Frei schweben sie vor raumlosen Hintergründen oder verirren sich auf dem polierten Feld in Eierschalengrau. Julia Haller sieht in ihnen dennoch keine „Fingerübungen“. Vielmehr sind es Knäuel und Gespinste, handgroße Kratzspuren und Ritzungen, verwilderte und verdichtete Information. „Es sind Linien, die stehen bleiben.“ Ihr „Motiv ist nicht der Aufhänger“ (Haller). Die Künstlerin erinnert an die Zeichnungen der rechten und der linken Hand von Dieter Roth. Die Unbestimmtheit ist das Thema, und die Entzifferungsbemühung, die die Arbeiten auslösen. Wer die drei Bilder in spitzem Winkel betrachtet, sieht, dass die Farbe in Kerben eingetragen ist. Die Strichknäuel sind wie in einer minutiösen Intarsienarbeit fugenlos in die polierten Flächen eingelassen. Die blauen Abschriften verdanken sich digitalen Übertragungen, die durch Fräsen entstanden sind. Haller benutzt dafür eine Mineralstoffplatte. Die Platte besteht aus einer Mischung von Aluminium und Acryl. Der Werkstoff Aluminium kehrt an den Außenkanten der Bilder wieder. Die Platten sind nur an drei Seiten gerahmt, so als könnten die Leisten aneinandergefügt werden. Doch das Triptychon bleibt ein gedankliches Spiel, wie auch die Natur dieser Notationen, die ebenso feinsinnig wie grafisch sind.
Thomas D. Trummer, 2015
WeiterlesenAusstellungen
Wallpaper #5, evn sammlung, Maria Enzersdorf, 2022
Publikationen
Lower Austria Contemporary 2018, St. Pölten 2018, S. 34
evn collection. 95–2015 Jubilee, Wien 2015, S. 168–171