Hanzlovás Porträts von Dorfbewohnern und deren Lebenswelt lassen uns spüren, dass sie aus einem Nahverhältnis heraus entstanden sind. Sie zeigen behutsam und unverräterisch eine Seite der Wirklichkeit, zu der Unbefugte keinen Zugang haben. Man ist nicht überrascht, wenn man erfährt, dass es sich nicht um irgendwelche Menschen in irgendeiner Ortschaft handelt, sondern um die Bewohner jenes Ortes, in dem Hanzlová aufgewachsen ist. Das Dorf, dessen Landschaft uns so vertraut erscheint, heißt Rokytník. Ein Ort in Tschechien, abseits der großen, schillernden Metropolen und doch zentral in Europa gelegen.

Von 1990 an ist die Künstlerin, die seit 1983 in Essen lebt, immer wieder in ihre Heimat zurückgekehrt, um den Menschen und Dingen in die Augen zu schauen.

Hanzlová agierte – anders als etwa Bildreporter oder Fernsehteams – als Insiderin, die sich einst entfernen musste und der die Heimat nun als fernes Land erscheint. Sie hat einen kühlen, strukturellen und für kleine „Sensationen“ offenen Blick mitgebracht. Vieles erscheint bescheiden, vielleicht auch ärmlich, nie aber wird eine „graue“, trostlose Welt vorgeführt Die Farben wirken zwar ein wenig verschossen, sie künden aber vom langen Atem des kleinen Glücks. Hanzlovás „Genrebilder“ wirken märchenhaft und entrückt, manchmal auch exzentrisch. Aber nie schönen sie nach Art der Heimatidylle.

Wolfgang Kos, 2005