Cardinal Red (Collaboration with Franz Erhard Walther)
Clegg & Guttmann
C-Print auf Endura-Papier, montiert hinter Plexiglas mit MDF-Rahmung
196 × 163.5 × 4.5 cm
1993
Ankauf 2015
Inv. Nr. 0302
Seit
Clegg & Guttmann kennen die Codes von Status, Einfluss und Kapital. Sie entwickeln eine Fiktion dessen, was in der Realität Wert, Wirkung und Anziehungskraft hat. Der Typus trägt fashionables Schwarz, die Männer weiße Hemden und dunkle Krawatten, die Damen dezente, aber effektvolle Juwelen. Eine dramatische Lichtregie wird zum Mittel für Selbstreflexion, Selbsterkenntnis und Selbstkritik.
In den frühen Porträts überzeugen fiktive Auftraggeber – ältere Freunde und Familienmitglieder – als Repräsentanten der Macht. Die Kultfiguren aus dem East Village umweht ein Hauch von existenzieller Verbitterung. Zu Recht, wie sich später erweist, als sich die New Yorker Intellektuellen von ihrem radikalen Erbe, von Dissens und Rebellion verabschieden und den Hollywood-Schauspieler Ronald Reagan zum Präsidenten wählen. Clegg & Guttmann nehmen die neokonservative Bewegung unter die Lupe. Sie produzieren im Auftrag: Aufsichtsräte, Boards, ganze Chefetagen lassen sich ebenso gerne abbilden wie wohlhabende Diamantenhändler mit ihren Kindern. Was als Dokumentation eines sozialen, politischen und ästhetischen Status daherkommt, ist darüber hinaus ein brillantes Beispiel für kritischen künstlerischen Kommentar.
Ihren Kolleginnen und Kollegen gestehen Clegg & Guttmann ein hohes Maß an Autonomie zu. Für die Collaborations, eine Werkgruppe, zu der die beiden Bildnisse in der evn sammlung gehören, dürfen die Porträtierten sowohl Kleidung als auch Attribute und Set-up bestimmen. Als anarchoästhetischen Dandy sieht sich Martin Kippenberger. Er nimmt den Lieblingsdesigner der Kunstwelt, Martin Margiela, vorweg und trägt einen Anzug mit avantgardistisch abgetrenntem Ärmel. Franz Erhard Walther wiederum verschmilzt mit seinem Werkstück unter rot-schwarzen Stoffbahnen. Ein Bildnis voll eindrucksvoller Querverweise: zwischen den Fotografen und ihrem Modell, zwischen dem Dargestellten und seiner wegweisenden Arbeit und den Partizipationsangeboten, die den Werken zugrunde liegen.
Brigitte Huck, 2015
WeiterlesenPublikationen
evn collection. 95–2015 Jubilee, Wien 2015, S. 88–93