Performance Still
Mona Hatoum
Gelatin-Silver-Print auf Aluminium montiert
Edition 8/15
76 × 108 cm (ohne Rahmen)
1985–1995
Ankauf 1997
Inv. Nr. 0030
Mona Hatoum wurde 1952 in einer palästinensischen Familie in Beirut, Libanon, geboren und lebt seit dem Ausbruch des libanesischen Bürgerkriegs 1975 in London. Hatoum begann ihre Karriere in London in den frühen 1980er Jahren mit Performances, die sich mit sozialen und politischen Themen befassten. Indem sie sich selbst sowohl als Subjekt als auch als Werkzeug einsetzte, machte sie den Körper zum Schlachtfeld und zum Dreh- und Angelpunkt politischer, sozialer und geschlechtsspezifischer Konflikte.
Dieses Bild stammt aus einer Performance, die Künstlerin 1985 in Brixton, Südlondon, machte, wo sie barfuß durch die Straßen lief und dabei ein Paar große Stiefel, die an ihren Knöcheln mit den Schnürsenkeln befestigt waren, hinter sich her zog. Brixton ist ein Stadtteil Londons, in dem es zuvor zu gewalttätigen Rassenunruhen gekommen war, weshalb die Polizeipräsenz in dieser Gegend sehr hoch war. Hatoum wählte ganz besondere Stiefel: "Dr. Martens", die traditionell von der britischen Polizei getragen werden, aber auch von der Skinhead-Bewegung, die gemeinhin mit rassistischer Gewalt in Verbindung gebracht wird. Hatoums Bewegung war durch die Stiefel des "Staates" belastet, die ihre verletzlichen Schritte wie eine ständige, bedrohliche Präsenz oder ein schwerer Schatten verfolgten.
(Studio Mona Hatoum, 2024)
Das Intime und das Politische. Hatoums Arbeit erinnert immer wieder daran, dass sich zwischen diesen Polen Minenfelder befinden. 1975 emigrierte die in Beirut aufgewachsene Palästinenserin nach London. In den Achtzigerjahren ließ sie mit feministischen und politisch brisanten Performances aufhorchen, bei denen sie mit ihrem Körper Rituale von Gewalt und Unterdrückung durchspielte: ein vermummtes Gesicht, in das ein Messer schneidet; eine Frau in einer engen Kunststoffbox, die in glitschigem Lehm Halt sucht; ein blutiger Körper auf einem Foltertisch, der Kopf einbandagiert.
Das Bild mit den nackten Füßen, die schwere Schuhe hinter sich herziehen, stammt von einer 60-minütigen Live-Aktion im Londoner Zuwandererbezirk Brixton. Es sind Stiefel der Marke „Doc Martens“, wie sie von Polizisten, Skinheads und Neofaschisten häufig getragen werden. Sie alle operieren mit Posen der Macht. Natürlich lässt sich das Bild auch als feministische Metapher lesen: Stiefel als Machosymbol.
Wolfgang Kos, 2005
WeiterlesenAusstellungen
Wallpaper #6, evn sammlung, Maria Enzersdorf, 2023
evn sammlung / institutionelle Präsentation, Viennafair, Wien, 2011
Der Schuh in der Kunst, Galerie im Traklhaus, Salzburg, 2006
Nach Rokytník. Die Sammlung der EVN, MUMOK, Wien, 2005
Publikationen
Ayşe Erkmen & Mona Hatoum. Entortungen, Leipzig 2017, S. 128 f
Der Schuh in der Kunst, Salzburg 2006, S. s. p.
evn sammlung 95–05, Köln 2005, S. 142–143
Mona Hatoum [anlässlich der Ausstellung „Mona Hatoum“, Hamburger Kunsthalle, 26. März bis 31. Mai 2004; Kunstmuseum Bonn, 17. Juni bis 29. August 2004; Magasin 3 Stockholm Konsthall, 9. Oktober bis 19. Dezember 2004], Ostfildern-Ruit 2004, S. 82
evn sammlung. Ankäufe 1995 – 1996, Maria Enzersdorf 1997, S. 20