Circus (Tigertemple)
Moussa Kone
Tusche und Aquarell auf Papier
3-teilig, 50 × 210 cm (gesamt)
2007
Ankauf 2008
Inv. Nr. 0174 abc
„London is drowning / And I live by the river“ lautet eine Zeile in London Calling, dem berühmten Song der Punkband The Clash, der ein apokalyptisches Szenario entwirft. I live by the river heißt auch eine Zeichnung von Moussa Kone, dem österreichischen Künstler, der sich einen geheimnisvollen neuen Vornamen zugelegt hat.1
Man sieht drei nackte und gesichtslose Menschen, womöglich eine Familie, die bunte Lianen haltend auf einem Ast stehen. Dieser von zwei ruhenden Leoparden unterstrichene paradiesisch anmutete Zustand wird durch die schnappenden Krokodile im steigenden Wasser der unteren Bildhälfte in Frage gestellt. Kontradiktorisches bestimmt die Thematik der Werke von Moussa Kone, wie auch sein unverwechselbarer Zeichenstil von Kontrasten geprägt ist; exakt gezeichnete Elemente oder Körper, meist schwarz und mit wenigen Farbakzenten, heben sich scharf von einem weißen Hintergrund ab. Die Komposition der Zeichnung mit der Konzentration auf die drei menschlichen Figuren in der Bildmitte wirkt klassisch. Kones Arbeiten sind von einer starken eigenen Symbolik geprägt. Auch die Figuren stehen häufig für Gegensätze wie Emotion (Nackte) und Intellekt (Anzugträger) oder Kunst und Kunstkritik.2
Auch die 15 Tiger in Kones Triptychon Tiger Temple sind mehr als Staffage. Nackte buddhistische Mönche und Anzugträger kümmern sich rührend um die als unberechenbar geltenden Raubkatzen. Wird hier der Wunsch der Geschäftsleute nach Exotik oder nach der Domestizierung wilder Kreaturen angesprochen? Sein reales Vorbild hat der Tigertempel in einer buddhistischen Klosteranlage Thailands, einer beliebten Touristenattraktion 200 km von Bangkok entfernt. Mönche und Tiger sollen hier friedlich zusammenleben, doch Kritiker vermuten eine künstliche Sedierung der Tiere. Östliche Philosophie trifft auf westliche Sehnsüchte: Entpuppt sich die einträchtige Koexistenz als falscher Zauber? Man kann Moussa Kones Arbeiten als dichotome Kompositionen verstehen, die Künstlichkeit und Natürlichkeit aufeinanderprallen lassen. Bei allen Hinweisen auf Reales bleiben die Bilder rätselhaft und surreal.
Heike Maier-Rieper, 2011
1) Fiona Liewehr, „Moussa Kone. Zeichnerischer Grenzgang“, in: Parnass 3/2010, Wien, S. 82.
2 ) Vgl. Nina Schedlmayer, „Moussa Kone: Diffuse Antagonismen“, in: Christiane Krejs und Zuo Jing (Hg.), Potential Dialogue, RCM Art Museum, Beijing, Kunst Raum Niederösterreich, Wien, 2006, S. 102.
Literatur
Moussa Kone, „Tiger Temple (Circus)“, in: Moussa Kone, o. O., o. J., S. 40.
WeiterlesenPublikationen
evn collection. 2006–2011, Köln 2011, S. 131–135