Rites à intervalles réguliers vertical
Guillaume Leblon
Metall und Papier
Edition 2/2
205 × 80 × 40 cm
2007
Ankauf 2008
Inv. Nr. 0178
In einer Sammlung, die wie die der EVN strukturiert ist, wird man selten alte Hasen finden. Die großen Koryphäen ihres Fachs, deren tiefer Einblick in ein Feld, das sie maßgeblich geprägt haben, die aktuellen Entwicklungen und Veränderungen der Kunst heute klarer erscheinen lassen, sind außer Reichweite. Dennoch tauchen Minimal Art und Konzeptkunst, Modernismus und Land Art auch in einer Sammlung auf, die sich der zeitnahen Kunst verschrieben hat. Denn der kritische Rückblick einer jüngeren Künstlergeneration auf ihre Inspirationsquellen bietet immer wieder interessanten Diskussionsstoff. Und oft genug weist der Blick zurück in die Zukunft.
Der französische Künstler Guillaume Leblon setzt sich mit den Avantgarden der Kunst des 20. Jahrhunderts auseinander, ganz generell mit der Moderne und den der Architektur verpflichteten Strömungen der Minimal Art. Versatzstücke aus dem Fundus geometrischer Formen sind die Kulissen auf Leblons Bühnen, die er in seiner Pariser Galerie Jocelyn Wolff oder kürzlich für eine Personale im Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen in Düsseldorf aufbaut.
Der Werkstoff von Rites à intervalles réguliers verticaux (2007) ist alltäglich und banal. Ein Readymade aus einem Metallständer, wie er in Verkaufsdisplays Verwendung findet, und bunten Papierbögen. Sowohl die Farben als auch die Position der Bögen auf dem Ständer können variieren, wie auch das Metallgestell selbst senkrecht oder waagrecht präsentiert werden kann. Wer dabei an die räumliche Installationen der Arte Povera denkt, die mit „armen“ Materialien operierte, oder an Duchamps Flaschentrockner, findet beim Künstler keine Zustimmung.
Leblon ist an Modifikationen, an Umwandlungen interessiert, nicht an Zitaten: Er verschiebt Formen und Bedeutung, mischt Analyse und Erzählung. Er arbeitet an dem Balanceakt zwischen historischen Reminiszenzen und aktuellem state of the art. Wenn er etwa über seine subtil ausbalancierten „Structures“ nasse Kleidungsstücke hängt, mutiert eine minimale Geste zur virtuos destabilisierten Hommage an die kreative Wahrnehmung – des Produzenten wie der Rezipienten – und damit zu einer „der besten Hinterlassenschaften moderner Utopien in der Kunst“1.
Brigitte Huck, 2011
1) Annelie Pohlen, „Guillaume Leblon“, in: kunstforum international, Bd. 182, S. 323.
WeiterlesenPublikationen
evn collection. 2006–2011, Köln 2011, S. 102–103