Sites #4
Olga Chernysheva
Leuchtkasten
Edition 1/5
103 × 108 × 7 cm
2004
Ankauf 2005
Inv. Nr. 0144a
Die Ordnung im postkommunistischen Russland ist porös, verlässliche Rechtsnormen fehlen, neue Grenzziehungen fragmentieren das gesellschaftliche Leben. Neben Enklaven extremen Reichtums existieren graue Zonen diffuser Trostlosigkeit.
In einer Serie von Lichtboxen zeigt Olga Chernysheva improvisierte Zäune aus Blech und Stacheldraht, mit denen am Rand von Moskau privatisierte Grundstücke verbarrikadiert sind. Vielleicht werden hier grüne Oasen entstehen. Die Zäune sind Metaphern für die Aggressivität defensiver Abschottung, wie sie für die neoliberale Situation typisch ist. Auch in Moskau leben Wohlhabende immer öfter in „gated communities“, die Sicherheit versprechen. Die individuelle Freiheit ist in der russischen Übergangsgesellschaft noch keineswegs abgesichert und stabilisiert.
Seit ihrem Studienabschluss an der Moskauer Filmhochschule im Jahr 1986 befasste sich Chernysheva, die in den frühen Neunzigerjahren in Amsterdam lebte, in Zeichnung, Malerei und Fotografie mit alltäglichen, aber sozial signifikanten Situationen am unteren Ende der traditionellen ästhetischen Skala. Sie ließ sich von Illustrationen in Kochbüchern oder der Gestaltung von Konditorwaren inspirieren und zeigte, wie vielfältig die Identitätszuschreibungen sein können, die sich aus Material und Muster gestrickter Wollhauben ergeben.
Wolfang Kos, 2005
WeiterlesenAusstellungen
Nach Rokytník. Die Sammlung der EVN, MUMOK, Wien, 2005
Publikationen
Olga Chernysheva. Works 2000–2008 [anlässlich der Ausstellung Caesuras, 28.2–22.4.2009], Berlin 2009, S. 42
evn sammlung 95–05, Köln 2005, S. 62 f