Ohne Titel (Lohnende Geschäfte...)
Johanna Kandl
Tempera auf Holz
59.5 × 80 cm
1997
Ankauf 1999
Inv. Nr. 0064
Nach 1989 wurde in den ehemals kommunistischen Staaten überfallsartig die freie Marktwirtschaft implantiert. De facto handelte es sich um eine Mischung aus Goldgräbermentalität und halblegaler Geschäftstüchtigkeit: Schattenwirtschaft und Schwarzmarkt als Handlungsfelder tagtäglicher Überlebensstrategien.
Johanna Kandl zeigt Menschen beim Warten, beim Feilschen, beim Hasten. Die reportagehaften und zeitgeschichtlich brisanten Gemälde gehen auf Fotos zurück, die in vielen Ländern Osteuropas (aber auch auf Märkten in London oder Wien) entstanden sind. Bei den von der evn sammlung erworbenen Bildern handelt es sich um Motive aus Moskau. In die Genrebilder peripherer Spontanwirtschaft knallen Slogans wie „Nothing succeeds like success“ oder „Lohnende Geschäfte“. Es handelt sich um Satzfetzen aus dem neoliberalen Jargon von Managementhandbüchern und Börsenblättern. Die grellen Farben steigern die Dissonanz, gehören doch Menschen und Sprachhülsen verschiedenen sozialen Wirklichkeiten an. Allzu leicht werde jedoch vergessen, so Kandl, dass man, um in der „armen“ Schattenwirtschaft bestehen zu können, nicht weniger strategische Intelligenz benötige als ein paar soziale Etagen höher.
Wolfgang Kos, 2005
WeiterlesenAusstellungen
Johanna Kandl. Kämpfer für's Glück, Kunstverein Ulm, Ulm, 2003
re: LEVIATHAN. Visuelle Formierungen von staatlicher Macht: Ein Projekt von Richard Brem, Cosima Rainer, Vitus Weh, Kunsthalle Düsseldorf, Düsseldorf, 2003
Johanna Kandl, Secession Wien, Wien, 1999
Publikationen
evn sammlung 95–05, Köln 2005, S. 168–171
Johanna Kandl. Kämpfer für's Glück [Kunstverein Ulm, 2.2. – 16.3. 2003], Wien 2003, S. 79
Johanna Kandl [anlässlich der Ausstellung in der Secession Wien, 3. 12. 1999 – 16. 1. 2000], Wien 1999, S. 47
evn sammlung. Ankäufe 1997 – 1999, Maria Enzersdorf 1999, S. 22