Feuerstelle
Asta Gröting
Glasobjekt
3-teilig, je 10.3 × 10.3 × 61.3 cm
2006
Ankauf 2007
Inv. Nr. 0163 abc
Die Arbeit der 1961 in Herford, Nordrhein-Westfalen, geborenen Künstlerin ist oft von geradezu verblüffender Buchstäblichkeit. What you get is what you see: das Verdauungssystem eines Haies (1990) oder den Raum zwischen zwei Menschen beim Sex, Space between two people having sex (2008). Die Künstlerin nennt ihr Werk beim Namen, klar und unverblümt.
Feuerstelle (2006) stammt aus einer Zeit, als sich Asta Gröting nach einer Periode intensiver Beschäftigung mit Film und Video wieder ihrem ursprünglichem Medium, der Skulptur, zuwandte. Denn sie ist eine Künstlerin, die der Form und vor allem dem Material höchste Aufmerksamkeit schenkt. Das Werk Feuerstelle ist aus durchsichtigem Muranoglas gefertigt; drei Stäbe quadratischen Querschnitts sind wie Radien eines Kreises in einem Winkel von jeweils 120 Grad zueinander am Boden angeordnet. In der Mitte glüht das Glas in intensivem Rot und erzählt von Hitze, von Flammen. Auf der einen Seite funktioniert die Plastik als Metapher von Wärme und Nähe, lässt an eine tröstliche Herdstelle denken, auf der anderen Seite jedoch vermittelt sie Bedrohung und Gefahr. Feuer – im Herstellungsprozess von Glas spielt es eine entscheidende Rolle – und Kälte – in der optischen Assoziation mit klirrendem Eis evident.
Die Feuerstelle hat Asta Gröting 2007 zusammen mit Skulpturen präsentiert, die elementare Fragen der menschlichen Existenz wie soziale Nähe, den Organismus oder Nahrung ansprechen. Da war eine lange Reihe von Kartoffeln in poliertem Bronzeguss, und Acker, ein menschengroßes Stück Erdscholle aus Epoxidharz. „Der Acker ist ein Urbild für Formgebung“, war damals Grötings Kommentar, „alles, was uns ernährt, kommt vom Acker.“
Asta Grötings Werke haben keine verwirrenden Geheimnisse, sie sind uns geläufig und erklären sich so selbstverständlich wie biologische Befunde.1 Dennoch sind sie keine banalen Rekonstruktionen von Wirklichkeit. Das Vertraute wird durch den materiellen Transfer zugespitzt und erweitert. Skulpturen als Intensivstationen des Wohlbekannten. In einem neuen Kontext, in einem Museum oder einer Kunstsammlung, kann die Normalität exemplarische Bedeutung annehmen und als autonomes Bild eine Rolle auf imaginärer Bühne spielen. Asta Gröting nennt das dann „psychosoziales Äquivalent“.
Brigitte Huck, 2011
1) Gerrit Gohlke, „Asta Gröting“, in: Women Artists, hg. von Uta Grosenick, Taschen, Köln 2001, S. 174.
WeiterlesenAusstellungen
small medium large. Skulpturen und Objekte aus der evn sammlung, evn sammlung, Maria Enzersdorf, 2022
Wallpaper #3, evn sammlung, Maria Enzersdorf, 2019
Asta Gröting, Neuer Berliner Kunstverein, Berlin, 2010
Publikationen
evn collection. 2006–2011, Köln 2011, S. 156 f