Anna Jermolaewas Installation zeigt 108 Filmkader. Die hochaufgelösten Scans hinter Plexiglas stammen aus Sergej Eisensteins Panzerkreuzer Potemkin. Der berühmte Stummfilm aus dem Jahr 1925 zeigt die historische Geschichte des russischen Schlachtschiffs „Knjaz’ Potëmkin Tavričeskij“ („Fürst Potjomkin von Taurien“). Im ersten Jahr der russischen Revolution (1905–1907) wurde diese Meuterei der Besatzung gegen die zaristischen Offiziere zu einem Fanal des Aufruhrs, einem Signal für die weitere Mobilisierung der Bevölkerung. Für die sowjetischen Propagandafeiern zum zwanzigsten Jahrestag der Revolution entstanden, ist Eisensteins Film bis heute eine wichtige und einflussreiche Referenz für Film- und Kunstschaffende. Im dritten Akt des Films wird als Symbol der neuen politischen Realität eine rote Flagge aufgezogen – von Eisenstein selbst in den 108 Bildern des schwarz-weißen Drehmaterials händisch nachkoloriert. Diesen Prozess der Einfärbung wiederholt Anna Jermolaewa nun. Ihr Reenactment ist Hommage und Erinnerung. Ein wesentliches Element dabei ist neben dem Zitat die Übertragung in die Gegenwart des Heute.

evn sammlung, 2019