An Untitled Group Portrait
Clegg & Guttmann
C-Print
176 × 280 cm
2017
Ankauf 2017
Inv. Nr. 0328
Michael Clegg und Martin Guttmann bilden – ein klassisches Beispiel für ihre unwiderstehlich attraktive Porträtfotografie – die KuratorInnen der evn sammlung ab: Brigitte Huck, Heike Maier Rieper, Hans Ulrich Obrist, Markus Schinwald und Thomas D. Trummer. Das Ergebnis ist ein visuelles und ein inhaltliches Stretching zwischen Kargheit und Opulenz, zwischen Glamour und Diskurs.
Seit den 1980er Jahren ist das fotografische Porträt der wohl wichtigste Transmitter Clegg & Guttmanns: Einzelbildnisse, Paare und vielfigurige Gruppen gehören bis heute zum Aufregendsten, was dieses Genre zu bieten hat. Der Bezugsrahmen sind die ästhetischen Konventionen historischer Porträts und Gruppenbilder des 16. und 17. Jahrhunderts. Die Niederländer von Frans Hals bis Rembrandt, die Italiener von Tizian bis Caravaggio sind bei Clegg & Guttmann das Referenzmaterial für einen Werkkomplex, der kollektive Strukturen, gesellschaftliche Gefüge und Machtverhältnisse mit dem Instrumentarium jener historischen Repräsentations- und Familienporträts inszeniert, das Personen in ein Umfeld stellt, das ihren kulturellen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Hintergrund offenlegt.
Clegg & Guttmann kennen die Codes von Status, Einfluss und Kapital. Sie entwickeln einen Look für „Reich und Schön“, eine Fiktion von dem, was in der Realität Wert, Wirkung und Anziehungskraft hat. Der Typus trägt fashionables Schwarz, die Männer weiße Hemden und dunkle Krawatten, die Damen effektvolle Accessoires.
Mit der wegweisenden Arbeit Executives of the Steel Industry versus Executives of the Textile Industry, 1981, legen Clegg & Guttmann die Ästhetik fest: Zwölf Männer (ältere Familienmitglieder, Kollegen und Schauspieler aus dem Freundeskreis der Künstler), sind in einem altmeisterlichen Dunkel aufgereiht. Eine starke Lichtquelle beleuchtet Gesichter, Hände und die weißen Hemden. Keiner lächelt oder sucht den Blickkontakt mit der Kamera.
Es sind Auftragsarbeiten, Commissions, für die sich SammlerInnen und wohlhabende DiamantenhändlerInnen ebenso gerne abbilden lassen, wie KuratorInnen und GaleristInnen.
Aus der Serie der Collaborations, die ausschließlich mit KünstlerInnen eingegangen werden, zählen das Porträt der Dandys und Anarchoästhets Martin Kippenberger im Proto-Margiela mit avantgardistisch vom Anzug abgetrenntem Ärmel ebenso wie jenes der großen Inkunabel Franz Erhard Walther mit Objekt unter dem Titel Cardinal Red, 1993, ebenfalls zur evn sammlung.
Wie im 19. Jahrhundert verwenden Clegg & Guttmann konkrete fotografische Hintergründe als kulissenhaft eingesetzte Fototapeten und suggerieren über diese Raumabbildungen bzw. Zitate aus der Kunstgeschichte ganze Weltanschauungen und Weltbilder. Clegg & Guttmann montieren sie hinter ihren Modellen so, dass die Inszenierung, die Bühne deutlich wird: Die Bahnen (in unserem Fall ein verschwenderischer Vorhang) verdecken Teile des Raums, Papierkanten und aufgerollte Ecken geben das Verfahren preis.
Bildorganisation, Komposition und Lichtsemantik ordnen das Genre Porträt an der Schwelle von Drama, Installation und Erkenntnistheorie ein, verbinden, unter Einsatz eines heimlichen Bezugssystems, Stimmungen, Gesten und Körperhaltungen, deren erzählerischer Gehalt aus der Zeit zu fallen scheint.
Brigitte Huck, 2021
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