Col Rodella IV
Walter Niedermayr
C-Print, 4-teilig; Edition 1/6
165 × 206 cm (gesamt)
1996
Ankauf 1998
Inv. Nr. 0040a-d
Mit dem 1993 erschienenen Buch Die bleichen Berge wurde der Südtiroler Fotograf international bekannt. Der Titel bezog sich auf eine ladinische Sage, passte aber auch zu Niedermayrs Methode, Gebirgspanoramen durch systematische Unterbelichtung beim Entwickeln besonders fahl und unwirklich erscheinen zu lassen.
Die Fotografien zeigen beispielsweise hochalpine Freizeitlandschaften in all ihrer Ambivalenz, führen sie doch in jene neuralgische Zone, wo Ödland und Zivilisation beziehungsweise Einsamkeit und Tourismusrummel auf hybride Weise aufeinander treffen. „Lebensräume sind heute wie Kaufhäuser von vorneherein auf Durchquerung, Erreichbarkeit, Anschluss angelegt“ (Franz Xaver Baier). Wo man auch hinschaut, man erkennt homogenisierende Strukturen. Mit nüchterner Präzision registriert der Fotograf jene Hinzufügungen, die für die Infrastruktur exponierter Erlebnisräume unabdingbar sind: Schilifte, Lawinenzäune, Fernleitungen, Parkplätze, Pistenbegrenzungen et cetera. Obwohl die Bilder einen Eindruck von den ökologischen Belastungen im hochalpinen Gelände geben, ist der nüchterne Landvermesser Niedermayr keineswegs ein Moralist. Niedermayr findet Schönheit auch in malträtierten Gebrauchslandschaften.
Es handelt sich um Alpenfotografie ohne die diesem Genre stets innewohnende Heroik und Monumentalität. Kleine Verschiebungen des Blickpunktes ergeben mehrteilige Bilder, die sich an den Rändern überschneiden. Das Einzelbild wird relativiert, das Bildgeschehen wird räumlich gedehnt, das Spektakuläre wird zum Ornament und wirkt seltsam entrückt. Dem liegt die Absicht Niedermayrs zugrunde, „über die Wiederholung den Kult des Einzelbildes zu brechen, um damit den Gemeinplatz der Fotografie als Momentaufnahme außer Kraft zu setzen“.
Wolfgang Kos, 2005
WeiterlesenAusstellungen
Nach Rokytník. Die Sammlung der EVN, MUMOK, Wien, 2005
Publikationen
evn sammlung 95–05, Köln 2005, S. 234 f
evn sammlung. Ankäufe 1997 – 1999, Maria Enzersdorf 1999, S. 30