Lollipop
Sasha Auerbakh
Objekt aus Aluminium, Epoxy, Feder, Schmutz
110 × 35 × 35 cm
2017
Ankauf 2020
Inv. Nr. 0423
Kaum eine künstlerische Kategorie hat sich in den letzten Jahrzehnten so stark gewandelt, wie diejenige der Skulptur: kaum ein Fach, das Bedingungen, akademische Regeln, Stile und kulturelle Vorgaben gleichermaßen ignoriert, wie nutzt und reflektiert. Sasha Auerbakh vertritt diese uneingeschränkte Freiheit im künstlerischen Denken und Handeln. Von 2008 – 2011 studiert sie an der Rodchenko School of Photography und Multimedia in Moskau. Dort erfindet eine wagemutige, junge Generation gemeinsam mit LehrerInnen wie Sergej Bratkov oder Ekaterina Degot die russische Kunst neu. 2018 schließt Auerbakh ihre Ausbildung an Heimo Zobernigs Klasse für Textuelle Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste in Wien ab.
Sasha Auerbakhs künstlerisches Universum ist tief im Konzeptuellen verankert. Es ist ohne die Philosophie und Kulturanalyse der Moskauer Konzeptualisten der 1980er und 90er Jahre, von Ilya Kabakov bis zu Andrej Monastyrskij, kaum vorstellbar. Die Fragen von damals, nach kollektiver Autorenschaft und Gesamtkunstwerken sind auch Fragen, die sich die junge Künstlerin heute stellt. Auerbakh hat ein unerhörtes Gefühl für die Potentiale von Material: Stahl, Blech, Gips, Keramik, Epoxyharz, Silikon, Farbe. Die Oberflächen reichen von Pulverbeschichtung bis zu Gallium, einem seltenen, sich leicht verflüssigendem Metall. Werk und Inspiration sind mit dem Alltagsleben verbunden, eine Verbindung, die zu unberechenbaren, häufig komischen Objekten führt, die in ihrer Absurdität überzeugen.
Die beiden Werke Kebab und Lollipop, 2017, zelebrieren zunächst die skulpturale Perversion von Junkfood. Die Titel sind zwar wörtlich zu nehmen, doch sprechen die Werke auch eine symbolische Sprache: intensive, geradezu extreme Materialität ist die eine Seite, die andere ein wenig Psychoanalyse, eine mit Schmutz und Feder gefüllte Kugel wird von einem Stäbchen durchdrungen – und Camouflage – ein Kebab, an seiner Silhouette erkennbar, wird durch Trompe l’oeil Finish und Position im Raum zu einem plastischen Granitornament. Die Arbeiten fühlen sich analog an, und scheinen aus einer Welt zu kommen, in der das Internet noch keine Rolle spielte. Und sie fühlen sich belebt an, als wäre da etwas, in ihrem Inneren: eine Welt, irgendwo zwischen Richard Artschwager und David Lynch.
Brigitte Huck, 2020
WeiterlesenAusstellungen
small medium large. Skulpturen und Objekte aus der evn sammlung, evn sammlung, Maria Enzersdorf, 2022
Wallpaper #4, evn sammlung, Maria Enzersdorf, 2020
Publikationen
Wallpaper #4, Wien 2021, S. 22–25 (s. p.)