Luca Vitone untersucht in seinen Arbeiten die Großstadt als Ort zeitgenössischer Existenz. Sein ethnografisches Interesse richtet sich dabei auf die sozialen, ethnischen und ökonomischen Veränderungen, die eine Stadt durchläuft, wie auch auf die Entstehung neuer Zentren, die Verschiebung der Bedeutung von Peripherie und Zentrum im Zeitalter der scheinbar unbegrenzten Mobilität. Das Projekt Wide City ist ursprünglich für vier Städte (Mailand, Berlin, London, New York) entwickelt worden und weist auf Beziehungen zwischen Bevölkerungsgruppen mit unterschiedlicher kultureller Herkunft. Für Mailand wurde als weltliches Symbol die Torre Velasca gewählt, ein Mitte der Fünfzigerjahre nach den Plänen des Ateliers BBPR entstandenes Gebäude. Insgesamt dienten vier Modelle des Architekturdenkmals – an verschiedenen Orten der Stadt positioniert – als Verteiler für Stadtpläne, die auf den ersten Blick von üblichen Touristenkarten nicht unterscheidbar sind. Tatsächlich bietet die Karte über 500 Informationen und Hinweise über die Aktivitäten von Mailands ausländischem Bevölkerungsanteil; aus urbanistischer Sicht zeigt sie damit frei nach Marc Augé die Bedeutung von Peripherien für kulturelle Strömungen. Nichtorte werden zu wirklichen Orten der Begegnung und damit auch zu wahren Zentren.

Hans Ulrich Obrist, 2005